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Vereinfachte Einkommensteuererklärung: So geht's

Viele Arbeitnehmer wissen nicht, dass sie auch mit einer Mini-Steuererklärung kräftig Geld sparen können.

© Peter Stanic

Die drohende Steuererklärung ist für viele der Tiefpunkt des Jahres: Stundenlanges Brüten über unverständlichen Formularen, da geht man ja lieber zum Zahnarzt. Doch es gibt auch eine Variante, die kaum Arbeit macht, den Fiskus ruhigstellt und auch noch Geld bringt. Die Rede ist von der »Vereinfachten Steuererklärung «.

Denn was viele nicht wissen: Arbeitnehmer ohne Nebeneinkünfte und ohne ausgefallene steuersenkende Ausgaben müssen bestenfalls nur den zweiseitigen Vordruck »EST 1 V« ausfüllen.

Wie einfach das sein kann, dem Finanzamt ein paar seiner hart verdienten Euro wieder abspenstig zu machen, zeigt das Beispiel von Heinz Wohlgemut. Seit Jahren hat der ledige Schlosser mit einem Bruttoarbeitslohn von jährlich 25000 Euro keine Steuererklärung abgegeben.

Seine Begründung: »Zu kompliziert und keine nennenswerten Ausgaben, mit denen ich Steuern sparen könnte!« Falsch! Zum einen kennt Herr Wohlgemut die Vereinfachte Einkommensteuererklärung nicht, zum anderen pendelt er an 230 Tagen zur Arbeit – einfache Fahrtstrecke 39 Kilometer.

Kurzer Zeitaufwand

Herr Wohlgemut lädt sich das Steuerformular ESt 1 V aus dem Internet herunter. Dann trägt er in das Formular seine Steuernummer, Namen, Anschrift und Bankverbindung ein – Zeitaufwand 2 Minuten. Anschließend nimmt er die Lohnsteuerbescheinigung 2009 seines Arbeitgebers in die Hand und überträgt die dort aufgeführte »e-TIN« in Zeile 24 des Steuerformulars – Zeitaufwand: 30 Sekunden. Auf Seite 2 in den Zeilen 31 und 32 trägt er die Anschrift seines Arbeitgebers, 230 Arbeitstage und die einfache Entfernung von 39 Kilometer ein – Zeitaufwand: zwei Minuten.

Damit ist die Steuererklärung fertig. Herr Wohlgemut unterschreibt und steckt das ausgefüllte Formular noch in einem Briefumschlag – Zeitaufwand nochmals 30 Sekunden. Die fünf Minuten haben sich für Herrn Wohlgemut bezahlt gemacht. Denn ein paar Wochen später darf er sich über eine Steuererstattung von 514 Euro freuen. Rund 100 Euro pro Minute – kein schlechter Stundenlohn, oder?

Rückwirkende Steuererklärung

Da könnte so mancher Arbeitnehmer auf die Idee kommen, die Steuererklärungen für die letzten Jahre nachzureichen. Doch wie viele Jahre zurück geht das? Grundsätzlich besteht bei Abgabe einer Steuererklärung eine Vierjahresfrist. Danach geht leider nichts mehr.

Klartext: Wer in den letzten Jahren keine Erklärung beim Finanzamt eingereicht hat, kann das beginnend für die Steuerjahre 2006 nachholen. Würde Herr Wohlgemut also für 2006, 2007, 2008 und 2009 jeweils die »Vereinfachte Steuererklärung« beim Finanzamt einreichen, bekäme er für bestenfalls 20 Minuten Zeitaufwand eine Rückzahlung von rund 2000 Euro.

Arbeitsweg plus X Zugegeben, das ist ein sehr zugespitztes Beispiel. Doch es macht deutlich, wie einfach es sein kann, eine Steuererklärung auszufüllen und Geld vom Finanzamt zurückzubekommen. Selbst wenn Sie ein halbe Stunde für Ihre Angaben benötigen, eine Geld-Zurück-Garantie winkt bereits dann, wenn Sie an 230 Arbeitstagen einfach mindestens 15 Kilometer zur Arbeit gependelt sind. Denn in diesem Fall kommen Sie mit Ihren Werbungskosten bereits über die Arbeitnehmerpauschale von 920 Euro.

Für wen geeignet?

Die Vereinfachte Einkommensteuererklärung eignet sich für Arbeitnehmer ohne weitere Nebeneinkünfte, die zudem keine komplizierten Werbungskosten haben. Wenn Sie Arbeitnehmer sind und als Werbungskosten nur Fahrten zwischen Wohnung und Arbeit, Aufwendungen für Arbeitsmittel (Computer, Schreibtisch, Regal), Büromaterial, Fachliteratur, Bewerbungskosten, Fortbildungskosten, Kontoführungsgebühren, Beiträge zu Berufsverbänden, Flug und Fährkosten sowie Reisekosten anlässlich einer beruflichen Auswärtstätigkeit haben, können Sie die Steuern im Schnellverfahren erledigen. Sobald Sie aber Kosten für einen Verkehrsunfall, ein häusliches Arbeitszimmer oder eine doppelte Haushaltsführung auflisten möchten, müssen Sie zu den altbewährten Steuerformularen greifen.

Die Vereinfachte Einkommensteuererklärung ist übrigens nicht nur für Arbeitnehmer, die freiwillig (eine Steuererklärung ist freiwillig, wenn der Arbeitnehmer nur Arbeitslohn und keine weiteren Nebeneinkünfte bezieht, keinen Freibetrag auf der Lohnsteuerkarte hat eintragen lassen und wenn verheiratet, die Steuerklassenkombination IV/IV hat. Bei einer anderen Steuerklassenkombination ist die Abgabe einer Steuererklärung dagegen Pflicht) eine Erklärung beim Finanzamt einreichen.

Auch verheiratete Arbeitnehmer, die wegen der Steuerklassenkombination III/V, wegen Eintrags eines Freibetrags auf der Lohnsteuerkarte oder wegen Lohnersatzleistungen (Elterngeld, Krankengeld, Kurzarbeitergeld) zwingend eine Erklärung beim Finanzamt einreichen müssen, profitieren von den vereinfachten Formularen.

Beispiel 

Familie Maierhuber hat 2009 Nachwuchs bekommen. Die Mutter erhält seither Elterngeld. Die Eheleute haben sich die Steuerklasse III für den Ehemann und die V für die Ehefrau auf ihren Lohnsteuerkarten eintragen lassen. Außer ein paar Zinsen aus einem Sparbuch, die unter dem Sparerfreibetrag liegen, haben die beiden keine weiteren Einkünfte. Wegen der Steuerklassenkombination und des Elterngeldes müssen die beiden zwingend eine Steuererklärung beim Finanzamt einreichen. Da ihr Steuerfall sehr einfach ist, dürfen die beiden die Vereinfachte Einkommensteuererklärung verwenden.

Und so geht’s

Auf Seite 1 des Formulars haben die beiden neben Steuernummer, Namen, Anschrift, Geburtsdatum, Bankverbindung und e-TIN zwei Besonderheiten zu beachten. In Zeile 23 müssen sie ankreuzen, dass sie eine Anlage Kind beifügen. Die Höhe des erhaltenen Elterngeldes muss in Zeile 25 eingetragen werden. Ansonsten läuft alles wie in unserem ersten Musterfall mit Herrn Wohlgemut.

Achtung

Die Vereinfachte Steuererklärung gilt für Ehegatten nur, wenn sie die Zusammenveranlagung beantragen. Außerdem bedeutet »vereinfacht« nicht automatisch eine Steuererstattung. Gerade wenn Elterngeld oder Kurzarbeitergeld bezogen wurde, kann das zu Steuernachzahlungen führen. Denn solche Lohnersatzleistungen sind zwar steuerfrei, sie erhöhen jedoch den Steuersatz.

Sonderausgaben

Wer jetzt abwinkt, weil bisher keine Rede von Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen, Angaben zur Steueranrechnung für haushaltsnahe Dienstleistungen oder Handwerkerleistungen war, kommt auch auf seine Kosten. Denn solche Ausgaben dürfen auf der zweiten Seite der »Vereinfachten Steuererklärung« aufgelistet werden. Bei den Sonderausgaben ist das zweiseitige Formular auf Kirchensteuerzahlungen oder geleistete Spenden beschränkt. Wer Unterhaltsleistungen an den Ex-Ehegatten absetzen möchte, muss die normalen Steuervordrucke verwenden.

Ausnahmen

In der Praxis wird jedoch nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Hat ein Arbeitnehmer beispielsweise eine Zweitwohnung angemietet und erklärt auf einem Extrablatt zur Vereinfachten Steuererklärung die Werbungskosten dafür, bedeutet das nicht automatisch das Aus für die »Vereinfachte Steuererklärung«. Hier kommt es auf den Bearbeiter im Finanzamt an. Bestehen keine Zweifel an den Angaben, wird er lieber einen Haken unter die Erklärung machen und Sie mit dem Ärger eines normalen Steuererklärungsvordrucks verschonen.

Guter Rat: Nach meiner Erfahrung würde bei der Hälfte der Arbeitnehmerhaushalte eine »Vereinfachte Steuererklärung« ausreichen.

Antworten auf wichtige Fragen

Kann ich die Vereinfachte Einkommensteuererklärung auch per ELSTER elektronisch ans Finanzamt übermitteln?

Nein! Zu viel Vereinfachung war dem Bundesfinanzministerium wohl dann doch zu viel. Die Vereinfachte Erklärung und ELSTER schließen sich gegenseitig aus.

Wo trage ich meine Riester-Beiträge ein?

Falls Sie zusätzliche Versicherungsaufwendungen haben, die nicht auf der Lohnsteuerkarte vermerkt sind, müssen Sie diese in der Anlage Vorsorgeaufwand eintragen, die Sie zusammen mit der Vereinfachten Erklärung beim Finanzamt einreichen.

Ich bin Rentner, meine Frau arbeitet noch. Können wir auch eine Vereinfachte Erklärung abgeben?

Nein! Das zweiseitige Steuerformular gilt nur für Arbeitnehmereinkünfte. Sobald andere Einkünfte – hier Rente – ins Spiel kommen, müssen Sie die normalen Formulare, also Mantelbogen, Anlagen N, R und Anlage Vorsorge abgeben

Muss ich Belege mitschicken?

Da Sie die Vereinfachte Steuererklärung nicht elektronisch per ELSTER ans Finanzamt schicken können, müssen Sie Belege über Werbungskosten usw. mit abgeben.

Woher kennt das Finanzamt die Daten meiner Lohnsteuerbescheinigung?

Mit der auf der Lohnsteuerbescheinigung enthaltenen eTIN in der Steuererklärung kann das Finanzamt die Daten aus den Meldungen Ihres Arbeitgebers elektronisch abrufen.