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Rentenbesteuerung: Steuerpflicht für Rentner?

Immer öfter fordern Finanzämter von Rentnern eine Steuererklärung. Das ist lästig, wird aber meist nicht so schlimm wie befürchtet.

© Alexandra Koch

Sie leben längst im Ruhestand, ihre Steuerakten sind seit Jahren geschlossen. Und dennoch werden demnächst viele Rentner Post vom Finanzamt bekommen – mit der Bitte um Abgabe einer Steuererklärung. Und das nicht nur für das abgelaufene Steuerjahr 2009, sondern rückwirkend ab 2005.

Schuld daran sind die 2005 neu eingeführten Regeln, nach denen ein wachsender Teil der Rente versteuert werden muss. Zudem müssen gesetzliche und private Versicherer seit 2009 melden, wie viel Rente von 2005 bis 2009 jedem Einzelnen ausgezahlt wurde. Hinter den Kulissen wird nun gerechnet, welche Rentner möglicherweise seit Jahren Steuern zahlen müssten und wer weiterhin vom Finanzamt unbehelligt bleibt.

Wie viel von der gesetzlichen Rente versteuert werden muss, hängt vom Jahr des Rentenbeginns ab. Wer vor 2005 seinen Ruhestand antrat, behält 50 Prozent steuerfrei, ab 2006 nur noch 48 Prozent, in 2007 dann 46 Prozent und 2010 40 Prozent.

Beispielrechnung

Klaus Schröder erhält seit 2003 eine gesetzliche Altersrente von jährlich 19009 Euro. Davon sind 50 Prozent, also 9504 Euro steuerfrei. Zieht man den Werbungskostenpauschbetrag für Rentner von 102 Euro ab, muss er noch 9402 Euro versteuern.

Hat Schröder keine weiteren Einkünfte, zieht das Finanzamt noch einen Sonderausgabenpauschbetrag von 36 Euro und seine Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung als Sonderausgaben ab.

Unter dem Strich bleibt ein zu versteuerndes Einkommen von 7664 Euro. Für die Jahre 2005 bis 2010 wäre Schröder damit gerettet und müsste keine Steuern zahlen. Denn bis 2008 betrug der steuerliche Grundfreibetrag für einen Ledigen 7664 Euro. Dieser Grundfreibetrag wurde für 2009 auf 7834 Euro angehoben. Seit 2010 beträgt er 8004 Euro.

Steuerpflicht

Die Finanzämter kennen keine Gnade. Und dennoch wird Schröder demnächst eine Steuererklärung abgeben müssen. Diese ist nämlich Pflicht, sobald die Einkünfte der Senioren über dem Grundfreibetrag liegen. Damit ist nicht nur der steuerpflichtige Teil der Rente gemeint, sondern auch Einkünfte aus Vermietung einer Immobilie oder Einkünfte als Arbeitnehmer, also zum Beispiel aus einem Nebenjob. Und natürlich die Zinsen vom Sparkonto, sofern sie über dem Freibetrag von 801 im Jahr liegen.

Alle Ausgaben auflisten

Werden Sie als Rentner zur Abgabe von Steuererklärungen aufge­fordert, sollten Sie dem Finanzamt alle Ausgaben auflisten, die steuerlich abzieh­bar sind. Dazu gehören Zahlungen aus eigener Tasche für Medikamente, Brille oder Zahnersatz, Aufwendungen für Heimunter­bringung wegen Pflegebedürftigkeit, Beerdigungskosten für verstorbene Angehörige, Beiträge zur Kranken- und Pflegever­sicherung, Beiträge zur Haftpflichtversicherung, gezahlte Kirchensteuern und Spenden.

Außerdem kommt auch eine Steueranrechnung infrage, wenn Sie in Ihrem Haushalt selbstständige Handwerker, Gebäudereiniger oder einen Pflegedienst beschäftigen.

Hilfe bei Lohnsteuerhilfevereinen

Wenn die Angst vor dem Finanzamt zu groß wird, sollten Sie einen Lohnsteuerhilfeverein hinzuziehen. Das ist preiswert und sorgt für Beruhigung.

Ihre Fragen

"Ich bekomme eine Erwerbsunfähigkeitsrente von 799 Euro und 565 Euro Unterhalt von meiner Ex-Frau. Ihr Lohn ist doch bereits versteuert. Warum soll ich jetzt noch einmal Einkommensteuer zahlen?"

Antwort: Der Rentner muss die Unterhaltsleistungen nur versteuern, weil seine Ex-Frau die Unterhaltszahlungen in ihrer eigenen Einkommensteuererklärung als Sonderausgaben geltend macht. Diesen Sonderausgabenabzug und die Besteuerung der sonstigen Einkünfte haben die beiden Ehegatten in der Anlage U gemeinsam beantragt.

Steuerlast: 588 Euro im Jahr muss der Rentner Steuern zahlen - vorausgesetzt, er kann dem Finanzamt keine weiteren Steu­erabzugsposten präsentieren.

Unser Rat: Die Anlage Unterhalt muss jedes Jahr neu von beiden Ex-Ehegatten ausgefüllt werden. Um Steuernachteile zu vermeiden, können sie sich einigen, dass nicht der gesamte Unterhalt, sondern nur ein Teil versteuert werden muss.  Würde der Rentner nur einer Besteuerung von 3350 Euro zustimmen, müsste er keine Steuern nachzahlen.

"Mein Frau (77) und ich (74) haben 2009 Zinsen aus einem gemeinsamen Sparguthaben in Höhe von 3000 Euro erhalten. Die Bank hat bereits 368 Euro Abgeltungsteuer und Solidaritätszuschlag einbehalten. Soll ich trotz Abgeltungsteuer eine Anlage KAP mit meiner Steuererklärung beim Finanzamt einreichen?"

Antwort: Sie müssen keine Anlage KAP einreichen. In Ihrem Fall macht es jedoch Sinn. Bei Rentnern ist der Steuersatz meist geringer als 25 Prozent, außerdem werden bei Abgabe der Anlage KAP nicht die gesamten Zinsen besteuert. Das Finanzamt zieht davon noch einen Altersentlastungsbetrag ab.

Altersentlastung: Der beträgt für alle, die vor dem 2. Januar 1941 geboren sind, 40 Prozent der Nebeneinkünfte, höchstens 1900 Euro. Für alle die nach dem 1.1.1941 geboren wurden, verringert sich der Altersentlastungsbetrag, den es für Zinsen und Dividenden, Vermietung einer Immobilie oder einer selbstständigen Tätigkeit gibt.

Unser Rat: Der Altersentlastungsbetrag kann nicht beantragt werden. Das Finanzamt gewährt ihn automatisch anhand Ihres Geburtsdatums.

"Ich bin Rentner, meine Frau muss noch fünf Jahre arbeiten. 2009 haben wir die Steuerklassenkombination III/V gewählt. Nun fordert das Finanzamt eine Steuererklärung. Bisher hatten wir die Steuerklassen IV/IV und mussten keine Erklärung einreichen. Kann ich mich wehren?"

Antwort: Nein. Denn sobald die Steuerklassenkombination III/V gewählt wird, ist man zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet.

Freibetrag: Oft behalten Paare die Steuerklassen IV/IV bei, obwohl ein Partner Rentner ist und der andere noch arbeitet. Dennoch fordert das Finanzamt eine Erklärung. Grund: Der arbeitende Ehegatte hat einen Freibetrag auf seiner Lohnsteuerkarte.

Unser Rat: Bei der Konstellation Rentner/Arbeitnehmer führt die Steuerklassenkombination III/V meist nicht zu Steuernachzahlungen, wenn der Arbeitnehmer-Ehegatte rund 60 Prozent der gemeinsamen Einkünfte erzielt.

"Ich gebe seit Jahren eine Steuererklärung beim Finanzamt ab und muss jedes Jahr rund 500 Euro Steuern nachzahlen. Jetzt habe ich gelesen, dass ich dem Finanzamt für die Zahlungen zur Kranken- und Pflegeversicherung Sonderausgaben hätte präsentieren dürfen. Gibt es eine Chance, diese Sonderausgaben nachträglich zu bekommen?"

Antwort: Sie können die Steuerbescheide der vergangenen Jahre noch einmal aufrollen. Dazu muss das Finanzamt jedoch einen Fehler gemacht haben. Zwar liegt der Fehler bei Ihnen - schließlich haben Sie vergessen, Sonderausgaben zu erklären. Doch hat das Finanzamt offensichtliche Fehler von Ihnen übernommen, deshalb liegt der Schwarze Peter wieder beim Amt. Daher kommt eine Änderung nach § 129 Abgabenordnung in Betracht.

Konkret: Eine Änderung der Steuerbescheide der letzten Jahre nach § 129 ist bei Nichterklärung der Sonderausgaben tatsächlich möglich. Denn das Finanzamt hätte bei gewissenhafter Prüfung der Angaben und der eingereichten Unterlagen erkennen müssen, dass der Sonderausgabenabzug fehlt. Die Zahlungen zur Kranken- und Pflegeversicherung sind nämlich dem Rentenbescheid zu entnehmen.

Unser Rat: Entscheiden Sie sich dafür, Ihre Steuererklärungen künftig von einem Steuerberater oder einem Lohnsteuerhilfeverein anfertigen zu lassen, sollten Sie auch die früheren Steuerjahre in Hinblick auf § 129 Abgabenordnung mitprüfen lassen.

"Ich lese mit Interesse Ihre Beiträge zur Besteuerung von Rentnern. Sie schreiben, dass der vom Finanzamt festgesetzte Rentenfreibetrag bis an mein Lebensende gleich hoch bleibt. Ich bin 2008 in Rente gegangen. Die Rentenfreibeträge für 2008 und 2009 weichen voneinander ab. Wer hat nun recht?"

Antwort: Im Jahr des Rentenbeginns und im darauffolgenden Jahr müssen Sie eine Besonderheit beachten. Das Jahr des Rentenbeginns ist entscheidend für die Höhe des Freibetrags. Doch der endgültige Rentenfreibetrag wird erstmals in dem Jahr ermittelt, in dem Sie ein ganzes Jahr Rente erhalten haben.

Unser Rat: Sind Sie im Mai 2008 in Rente gegangen und haben bis Dezember 8000 Euro Rente bekommen, bleiben 44 Prozent unversteuert. Das Finanzamt zieht von Ihrer Rente also 3520 Euro ab. Erhalten Sie 2009 erstmals für das ganze Jahr 12200 Euro, wird der Rentenfreibetrag neu ermittelt und beträgt 5368 Euro.

"Ich erhalte seit 2004 eine gesetzliche Erwerbsunfähigkeitsrente von 8000 Euro. Zum 1.1.2011 werde ich dann in die Altersrente wechseln und rund 12000 Euro pro Jahr bekommen. Beim Gespräch mit befreundeten Rentnern habe ich erfahren, dass mein Rentenfreibetrag dann nicht mehr 50 Prozent beträgt, sondern nur noch 38 Prozent. Ist das tatsächlich wahr?"

Antwort: Sie können beruhigt sein. Beim Übergang von Ihrer Erwerbsunfähigkeitsrente in die gesetzliche Altersrente ändert sich an dem Prozentsatz nichts. Er bleibt bei 50 Prozent. Das Finanzamt wird allerdings den Rentenfreibetrag, bezogen auf die dann fällige Altersrente, neu berechnen.

Unser Rat: Wird eine Rente wegen teilweiser Erwerbsunfähigkeit in eine Rente wegen voller Erwerbsunfähigkeit umgewandelt, wird der ursprüngliche Prozentsatz für die Ermittlung des Rentenfreibetrags beibehalten.