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Wärmepumpe: Investition mit Tücken

Mit Zuckerbrot und Peitsche will die Bundesregierung den schnellen Umstieg ins klimafreundliche Heizen erreichen. Nüchtern betrachtet, ist die Zeit dafür noch nicht ganz reif.

© Alfonso Escu

Das erst im November 2022 verkündete Ziel der Bundesregierung, ab 2024 in Deutschland jährlich auf 500000 neu installierte Wärmepumpen zu kommen, dürfte nach dem Hickhack um das »Heizungsgesetz« genannte Gebäudeenergiegesetz (GEG) wohl schon Makulatur sein. Dem Plan steht eine wachsende Verunsicherung entgegen, die einerseits von politischem Ungestüm herrührt, aber auch damit zu tun hat, dass die politischen Akteure dringende Fragen ausblenden, die sich die adressierten Bürger längst stellen. Tragisch: All das schadet dem Image der Wärmepumpe und zeitigt angesichts der unbestreitbaren Vorteile dieser Technik längst ein beschämendes Trauerspiel.

Es klemmt noch an vielen Ecken

An erster Stelle stehen Preise, die dem derzeit überhitzten Markt geschuldet sind. Nach den Zahlen des Bundesverbands Wärmepumpe e.V. wurden 2022 schon 236000 Heizungswärmepumpen verbaut; gegenüber 2020 (120000) und 2021 (158000) hat sich die Zahl der Neuinstallationen also innerhalb von nur zwei Jahren annähernd verdoppelt.

Inmitten dieses Booms, der vor dem Hintergrund von Produktionskapazitäten, Lieferkettenproblemen und Fachkräftemangel erstaunlich genug war, brachte es das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz fertig, einen panischen Run auf Gas- und Ölheizungen auszulösen. Der führte dazu, dass die 48900 SHK-Heizungsbetriebe nun an ihre Kapazitätsgrenzen gelangt sind. Hinzu kommt das Problem, dass das für eine Wärmepumpen-Komplettinstallation benötigte Material oftmals nicht zeitgleich verfügbar ist, sondern unter ungewissen Lieferzeiten gesammelt und gelagert werden muss. Dass diese Umstände kein Sonderangebot hergeben, liegt auf der Hand. Branchenkenner rechnen aber damit, dass sich die Preise in den nächsten Jahren wieder normalisieren werden.

Vielzählige Kostenpunkte zeitgleich

Neben den nachfragebedingt hohen Kosten für Wärmepumpen spricht ein weiterer Aspekt gegen den übereilten Heizungswechsel. Das Mantra »Wenn, dann Wärmepumpe« wird mangels einer wahrnehmbaren Einordnung in eine Gesamtstrategie nun scheinbar sogar konterkariert. Die Bundesregierung wird bekanntlich noch in diesem Jahr neben dem GEG auch ein Gesetz zur kommunalen Wärmeplanung einführen, das Städte und Gemeinden verpflichtet, in kurzen Fristen Pläne zum Fernwärmeausbau vorzulegen. Städte mit mehr als 100000 Einwohnern sollen das nach derzeitigem Stand bis Mitte 2026 leisten, kleine Gemeinden bis Mitte 2028.

Offizielle Kommunikation ausbaufähig

Aus wirtschaftlicher Sicht ist die Option Fernwärme für Vermieter und Eigentümer eine günstige Alternative zur Wärmepumpe, allein schon deswegen, weil dazu weniger Änderungen an den Anlagen notwendig sind. Das Thema Gebäudeanpassung tritt bei Fern- oder Nahwärme in den Hintergrund; letztendlich wird die vorhandene Zentralheizung nur durch einen Wärmetauscher ersetzt. Den können die Gebäudeeigentümer kaufen (Kosten im Einfamilienhaus derzeit etwa 6000 Euro) oder häufig auch gegen monatliche Grundgebühr mieten, womit regelmäßig auch die Wartung eingeschlossen ist.

Was dabei in der öffentlichen Wahrnehmung noch keine Rolle spielt, ist die Frage des »Anschlusszwangs«. Wenn die Kommune in den Fernwärmeausbau investiert hat, wird sie die Anlieger der erschlossenen Straßenzüge wohl früher oder später per Satzung verpflichten, sich anschließen zu lassen, damit sich der Betrieb der Fernwärmekraftwerke lohnt.

In der Regel wird dies so gehandhabt, dass eine vorhandene Heizungsart am Ende ihrer Lebensdauer nicht mehr ersetzt werden darf. Vor diesem Hintergrund wären aufwendige Umbauten nur als Übergangslösung zu betrachten. Neben dem Geld der Eigentümer würden dafür auch massenhaft Fördermittel »versenkt«. Diese Aspekte verdienen mehr Aufmerksamkeit, auch wenn zuletzt doch wieder ein übergangsweiser Tausch von Gasheizungen in Aussicht gestellt wurde.

Im halbwegs zentralen Wohnumfeld bleibt es ratsam, vor der Entscheidung für eine Wärmepumpe bei der Verwaltung anzufragen, ob in puncto Fernwärme etwas im Busch ist.

© Bundesverband Wärmepumpe e.V.

Hoher Gewinn

Bei der Wärmepumpe kommt mehr heraus, als hineingesteckt wird.

Erzeugung (blau) 

Das Kältemittel nimmt beim Verdampfen in der Außeneinheit (A) Umweltwärme aus Luft, Erde oder Wasser auf und wird dann durch einen elektrischen Kompressor (K) verdichtet. Dabei erhöht sich die Temperatur auf Heizungsniveau. 

Gewinn (rot) 

Anschließend wird die Wärme in den Heizkreislauf des Gebäudes übergeben (H), wodurch die Temperatur des Kältemittels absinkt; es geht in einen flüssigen Zustand über. Über ein Entspannungsventil (E) wird nun der Druck reduziert, und der Kreislauf beginnt von Neuem.

© Christoph Sackmann | FOCUS Online I Guter Rat

So viel kostet eine neuen Heizung mit Förderung

Weniger Geld

Nach den im Juli veröffentlichten geplanten Fördersätzen ab 2024 müssen Modernisierungswillige bescheidener planen. Wurden bisher Wärmepumpenprojekte mit einem Umfang von bis zu 60000 Euro gefördert, soll die Obergrenze ab Januar bei 30000 Euro liegen. Die bisherige Maximalförderung sänke so von 24000 auf 21000 Euro; die Mindestförderung läge dann anstelle von 15000 Euro nur noch bei 9000 Euro. Inoffiziell hieß es, dass man die Hersteller damit von Preiserhöhungen abhalten wolle.

Beispiel

Die Tabelle weist von links nach rechts mittlere Projektkosten einzelner Heizungsarten sowie die Eigenkosten nach Abzug der Fördersätze aus.

Sätze ab 2024

30% Basisförderung als Standard; bis 2028 obendrauf 20% Geschwindigkeitsbonus, also 50%. Einkommensschwache Haushalte bekämen eine doppelte Basisförderung von 60%. Das Maximum von 70% ergibt sich aus der Kombination aller Kriterien.

EU plant Kältemittel-Verbote

Ein weiteres Thema, dem sich die Bundesregierung im Kontext der Wärmepumpe bisher nicht offen gestellt hat, sind die sogenannten F-Gase, die in Klimaanlagen und Wärmepumpen als Kältemittel eingesetzt werden. Dabei handelt es sich um fluorierte Kohlenwasserstoffe, deren Schadpotenzial innerhalb von 100 Jahren ab Freisetzung (Global Warming Potential, kurz: GWP) dasjenige von CO2 (GWP 1) teils zigtausendfach überschreitet. Das EU-Parlament hat im März ein weitgehendes Verbot beschlossen, zu dem noch bis Ende September Anhörungen stattfinden; die inhaltliche Ausgestaltung und die endgültige Umsetzung stehen dann allerdings noch aus. Nach vorläufigem Stand könnte der Einsatz bestimmter F-Gase in Neugeräten schon ab 2025 verboten werden. Das selten erforderliche Nachfüllen dieser Kältemittel soll bis 2030 erlaubt bleiben.

Panikmache durch viele verschiedene Meinungen

In sozialen Netzwerken wird nun kolportiert, dass ein Verbot der F-Gase und auch der verwandten PFAS-Stoffgruppen dazu führen würde, dass ein Großteil der Wärmepumpen wieder herausgerissen werden müsste. Das ist Quatsch, denn die Geräte, die installiert wurden und werden, haben eine Zulassung, die über ihre Lebensdauer gilt. Katja Weinhold vom Bundesverband Wärmepumpe e.V. betonte dazu gegenüber Guter Rat, dass sich der Verband dafür einsetzt, »dass auch die derzeit noch verbauten Wärmepumpen über ihren gesamten Lebenszyklus von 15 bis 25 Jahren gewartet und nachbefüllt werden können«.

Realität sieht anders aus

Dass sich diese Forderung durchsetzen wird, gilt als wahrscheinlich, zumal auch seitens der Politik Gegebenheiten akzeptiert werden müssen. Dazu gehört der Umstand, dass F-Gase auch in sämtlichen Kühlketten z.B. der Lebensmittelbranche vertreten sind, ebenso in der Gebäudekühlung und teils auch der industriellen Produktion. Ein Verbot wird daher nur auf dem Weg planbaren Aussteuerns zustande kommen – und nicht mit der Keule, wie in einigen Social-Media-Kreisen jetzt suggeriert wird.

So gilt als ausgemacht, dass die am wenigsten klimaschädlichen F-Gase vom Verbot ausgenommen bleiben sollen, namentlich R1234yF (GWP 4) und wohl auch R32 (GWP 675). Propan (R290 mit GWP 3) gilt als »Goldstandard«, auf den Hersteller nun umsatteln, jedoch sind die Gerätekosten technisch bedingt höher.

Gerücht: Wärmepumpe nicht warm genug?

Zuletzt soll es um die Legende gehen, dass Wärmepumpen für Altbauten nicht geeignet seien. Ende Juli lief der Tipp durch die Tagespresse, dass skeptische Hausbesitzer die Vorlauftemperatur ihrer Heizung im Winter probehalber auf ein typisches Wärmepumpenniveau von 55°C absenken sollten, um zu testen, ob das Gebäude tauglich ist. Die Idee ist gut, überwiegend wird die Einstellung jedoch nicht direkt möglich sein, da außentemperaturgeführte Heizungen die Vorlauftemperatur anhand der Heizkurve laufend nachregeln. Der Installateur kann dies in den Tiefen der Menüs aber vorübergehend abstellen. Unser Rat: Da Termine knapp sind, liegt es nahe, sich die Prozedur zeigen zu lassen, wenn eine Wartung ansteht. Am besten sprechen Sie das vorher mit der Heizungsfirma ab und filmen mit dem Smartphone mit, wenn Sie sich die Einstellung und die Rückkehr zum Normalbetrieb zeigen lassen.

Test

Steht eine mehrtägige Kälteperiode ab minus 10°C an (zu regionalen Tiefstwerten Google-Suche »Normtemperatur«), regeln Sie die Heizung herunter und stellen die Thermostate der Heizkörper in allen Räumen in die Mittelstellung (meist »3«, 20°C). Dies alles möglichst vorab, weil Wände viel Wärme speichern und sich erst nach zwei bis drei Tagen ein plausibles Temperaturniveau einstellt. So ergibt sich ein Bild, was eine Wärmepumpe unter gleichmäßiger Beheizung aller Räume ohne elektrische Zuheizung leisten würde. Bleibt es in einzelnen Räumen zu kalt, könnten statt größerer Heizkörper auch spezielle Heizkörperlüfter für schnelleren Wärmeumsatz sorgen. Meist müsste das reichen. Falls nicht: Neue Propan-Wärmepumpen schaffen inzwischen 75°C Vorlauftemperatur, was in auch nur geringfügig sanierten Altbauten wohl mehr als ausreichend wäre.

EU-Plan: Klimaneutraler Bestand bis 2050

Ziel

Mit der geplanten EU-Gebäuderichtlinie will Brüssel den gesamte Gebäudebestand bis 2050 klimaneutral bekommen. Damit kommen erstmals Sanierungspflichten ins Gespräch. Nach ersten Plänen sollen die schlechtesten Wohngebäude mit der Effizienzklasse G bis 2030 auf das Niveau E gebracht werden. Details zur Einstufung und der genaue »Fahrplan« sind aber noch offen.

Neue Wege

Ein großes Thema ist das in den Niederlanden entwickelte Sanierungskonzept »Energiesprong« (Energiesprung), bei dem Techniken der Fertighausproduktion genutzt werden, um alte Häuser kostengünstig auf Nullenergiestandard zu bringen.

Prinzip

Gewissermaßen als »zweite Hülle«werden passgenaue Dachmodule und Fassaden mit neuen Türen und Fenstern produziert. Diese werden fertig montiert geliefert und innerhalb weniger Stunden auf die alte Gebäudehülle aufgebracht. Nähere Infos unter energiesprong.de